Gevatter

Gevatter
Gevatter stehen (gekürzt aus mittelhochdeutsch ›ze gevatter sten‹) wird vom Studentenwitz des 18. Jahrhunderts bildlich von verpfändeten Gegenständen gesagt. So wie die Gevattern Bürgschaft leisten, daß der Täufling als Mensch und Christ seine Pflicht tun werde, so gibt auch die verpfändete Sache Sicherheit, daß der Schuldner seine Verbindlichkeit erfüllen werde. Johann Christian Günther sagt in den ›Gedichten‹ 1773 (S. 167):
   Der Stiefel lauft schon von den Füssen
   Und muss nun zu Gevattern stehn.
Aus Dresden wird um 1800 berichtet: »Ein junger Herr läßt seine Uhr – nach hiesigem Sprachgebrauch – Gevatter stehen«.
   Sie hat vor der Zeit zu Gevattern gebeten: sie ist vor der Hochzeit schwanger geworden. Du träumst wohl von Gevattern?: du bist nicht bei der Sache, hegst sonderbare Erwartungen, obersächsisch schon im Anfang des 17. Jahrhunderts bezeugt; eigentlich wohl zu einer zerstreuten Schwangeren gesagt, als Scherz im Hinblick auf die zu erwartende Kindstaufe.
   Nicht mit zu Gevattern stehen wollen: bei einer Sache nicht mittun wollen; er hat dabei nicht mit zu Gevatter gestanden: er hat dabei nicht mitgewirkt, er ist unschuldig daran; einen zu Gevatter bitten wird auch spöttisch und ironisch gebraucht für: ihm die Freundschaft aufsagen.
   Gevatter Schneider und Handschuhmacher: alle einfachen Leute, das niedere Volk, ist ein Zitat aus ›Wallensteins Lager‹ von Schiller (11. Auftritt):
   Laßt sie gehen, sind Tiefenbacher,
   Gevatter Schneider und Handschuhmacher.
Im Märchen ›Der Gevatter Tod‹ (Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm 44) erwählt ein kinderreicher Armer auf der Suche nach einem Paten für seinen neugeborenen Sohn den Tod, weil nur dieser sich allen Menschen gegenüber gerecht verhalte.
• B. KUMMER: Artikel ›Gevatter‹, in: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens III, Spalte 789-804; C. LINDAHL: Artikel ›Gevatter stehen‹, in: Enzyklopädie des Märchens V, Spalte 1217-1224; E. MOSER-RATH: Artikel ›Gevatter Tod‹, in: Enzyklopädie des Märchens V, Spalte 1224-1233.

Das Wörterbuch der Idiome. 2013.

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  • Gevatter — Sm erw. obs. (12. Jh.), mhd. gevater(e) m./f., ahd. gifatero Stammwort. Lehnübersetzung von ml. compater Mitvater in geistlicher Verantwortung, Pate . Während für diese Bedeutung Pate allgemein üblich wird, wird Gevatter auf die schon alt… …   Etymologisches Wörterbuch der deutschen sprache

  • Gevatter — Gevatter, Einer, welcher bei der Taufe Pathenstelle vertritt, sowohl in Verhältniß zu den Eltern des Täuflings, als auch zu den Mitpathen (Mitgevattern). Gevatterbrief, schriftliche Einladung zur Übernahme einer Taufzeugenstelle …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Gevatter — Gevatter, soviel wie Taufzeuge, Pate (s.d.), besonders der Taufzeuge im Verhältnis zu seinen Mittaufzeugen …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

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  • Gevatter — Gevatterm GevatterSchneiderundHandschuhmacher=biedereHandwerker;einfacheLeute;niederesVolk.StammtausSchillers»WallensteinsLager«(1798).»Gevatter«warfrühereinebeliebteAnrede,verbundenentwedermitdemFamiliennamenodermitder(Handwerks… …   Wörterbuch der deutschen Umgangssprache

  • Gevatter Tod — ist: ein anderer Name für den Sensenmann ein Märchen der Brüder Grimm und Ludwig Bechsteins, siehe Der Gevatter Tod ein Film, siehe Gevatter Tod (Film) ein Roman von Terry Pratchett, siehe Scheibenwelt Romane#Gevatter Tod …   Deutsch Wikipedia

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