Eulenspiegel

Eulenspiegel
gehört zu den Figuren, die nicht nur Erzählungen, sondern auch Sprichwörter und Redensarten auf sich gezogen haben. Die Schwankfigur Till Eulenspiegels ist heute vor allem noch in unzähligen Sagwörtern volkstümlich. Aus dem Bereich der Redensarten seien folgende angeführt: Eulenspiegelspossen machen (oder treiben): Schabernack treiben, vor allem: einen Auftrag allzu wörtlich ausführen. Einige wenige Redensarten spielen auf bestimmte Erzählungen des Volksbuches von Eulenspiegel an, z.B. Er machts wie Eulenspiegel, er verleidet der Bäuerin das Mus, um es allein zu essen bezieht sich auf die 16. Geschichte des Volksbuches »wie Vlenspiegel ein weiß muoß alein vß aß, darumb daz er ein klumpen vß der naßen daryn ließ fallen«. Ähnlich ein Sagwort aus Hamburg: ›As 't fallt, säd Ulenspegel, so et ik‹. Etwas drastischer umschreibt ein niederrheinisches Sagwort die gemeinte Situation: ›Et ist derno, as et fällt, sagg Ulenspiegel, du frug öm de Wertsfrau, die en Dropp en Nas hatt, of he meteten (mitessen) woll‹; variiert: ›Dat es dernor, of ek metet, sei Ulenspegel, do hatt sin Moder enen Dropp an de Nös‹. Er spielt (singt) Eulenspiegels Stück: er denkt, daß es einmal wieder anders (besser) werden wird. Eulenspiegel hatte nämlich auf seiner Violine nichts weiter gelernt als: ›Alle Dinge eine Weile‹.
   In anderen Wendungen ist Eulenspiegel erst später an die Stelle anderer Schwankfiguren (des Riesen oder des Teufels) getreten; schwäbisch ›Du bist ein Kerl wie der Eulenspiegel, und der hat seine Mutter mit der Mistgabel zu Tode gekitzelt‹. Wenn jemand beim Nähen zu lange einfädelte, so sagte man im Egerland: ›Bist wei der Eilenspiegel. Huppst beim Fenster raus und wieder ei mit deinem longen Foden‹. Hier wird auf den bekannten Schwank vom Wettnähen zwischen Schneider und Teufel angespielt. Die in Ostfriesland notierte Wendung ›'n Knüp för de Drad! Is Ulenspegels Rad‹ bezieht sich auf die Erzählung des Volksbuches, wie Eulenspiegel alle Schneider nach Rostock bestellt, um ihnen den Allerweltsrat zu geben, beim Einfädeln den Knoten nicht zu vergessen.
   Die Redensart ›Einem den Pelz waschen‹ Pelz, ihm derb zusetzen, spielt eine Rolle in Historie 30 des Eulenspiegelbuches, wo Eulenspiegel den Frauen die Pelze waschen will. Die Redensart hat sich in diesem Fall allerdings wohl nicht erst aus der Erzählung verselbständigt; sie ist schon vor dem Eulenspiegelbuch bei Geiler von Kaysersberg bezeugt; doch der Eulenspiegelschwank realisiert sie und führt sie dadurch ad absurdum.
   Aus dem deutschen Namen ist das französische Adjektiv ›espiegle‹ (schalkhaft, schelmisch) abgeleitet.
• KN.: »Eulenspiegel im pommerschen Sprichwort«, in: Blätter für pommersche Volkskunde 2 (1893), S. 126; E. KADLER: Untersuchungen zum Volksbuch von Ulenspiegel (Prag 1916); MERIDIES: Die Eulenspiegelgestalt in der deutschen Dichtung (Diss. Breslau 1924); W. HILSBERG: Der Aufbau des Eulenspiegel-Volksbuches von 1515 (Diss. Hamburg 1933); W. HOFMANN: Das rheinische Sagwort (Siegburg 1959); L. RÖHRICH: Sprichwörtliche Redensarten aus Volkserzählungen, S. 250ff.; H. ROLLER: Eulenspiegel – Zeitspiegel (Diss. Wien 1934); M. HELLER: Moderne Eulenspiegeldichtung (Diss. Wien 1940); R. LAUTERBACH: Die Mythisierung Eulenspiegels in der rheinischen Literatur (Diss. Bonn 1952); H. BOTE: Till Eulenspiegel (Frankfurt/M. 1978,2. Auflage 1981); W. VIRMOND: Hermann Botes Eulenspiegelbuch und seine Interpreten (Frankfurt/M. 1978); W. WUNDERLICH (Hrsg.): Eulenspiegel-Interpretationen (München 1979); S.H. SICHTERMANN (Hrsg.): Die Wandlungen des Till Eulenspiegel (Köln-Wien 1982); B.U. HUCKER: Artikel ›Eulenspiegel‹, in: Enzyklopädie des Märchens IV, Spalte 538-555; G. BOLLENBECK: Till Eulenspiegel. Der dauerhafte Schwankheld (Stuttgart 1985); L. RÖHRICH: Till Eulenspiegels ›lustige Streiche‹ In: Eulenspiegel-Jahrbuch 21 (1986), S. 17-30; W. WUNDERLICH (Hrsg.): Eulenspiegel heute (Lauenburgische Akadademie für Wissenschaft und Kultur) (Neumünster 1988).
Eulenspiegelei. Detail aus: ›Till Eulenspiegel‹, 1. Bogen, Nr. VI, Münchener Bilderbogen, Nr. 575, aus: S. und K., S. 34.

Das Wörterbuch der Idiome. 2013.

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