Bürge

Bürge
›Jemandes Bürge sein‹, Für jemand Bürgschaft leisten: für jemanden einstehen mit Leib, Leben und Habe. Schon in der Bibel findet der Bürge häufig Erwähnung: »Ich verbürge mich für ihn ...« (Gen 43, 9; »Mein Sohn, hast du deinem Nächsten Bürgschaft geleistet, hast du einem Freund den Handschlag gegeben« (Spr 6,1).
   Literatur bei Homer (Odyssee 8, 344-359). Es handelt sich um eine Erzählung, die auch auf spätere Autoren nachgewirkt hat. Sie berichtet von einem der Verschwörung gegen den König verdächtigen Mann, der nach seiner Verurteilung zum Tode um eine Frist bittet, damit er sein Vermögen für seine Familie sichern kann. Der König fordert, daß für den Abwesenden ein anderer mit seinem Leben einstehe, und so bietet sich ein Freund freiwillig als Geisel an. Da sich der Verurteilte verspätet, kann er jedoch nur in allerletzter Minute vor dem sicheren Tod bewahrt werden. Friedrich von Schiller schildert in seiner Ballade ›Die Bürgschaft‹ (1798) die Rückckehr des Freundes, der sich – eilig vorwärtshastend – schon von weitem bemerkbar macht mit den Worten:
   Mich, Henker, ruft er, erwürget!
   Da bin ich, für den er gebürget.
Der König ist von dieser Freundestreue so gerührt, daß er das Urteil aufhebt und die beiden bittet, ihn als dritten in den Bund der Freundschaft aufzunehmen.
   Wie sich im Laufe der Geschichte jedoch gezeigt hat, ist der Schuldige bei Ablauf der Frist nicht immer selbst zur Stelle und läßt den Bürgen oftmals im Stich. Zahlreiche Bibelstellen, Zitate, Sprichwörter und Redensarten weisen auf diesen Tatbestand und seine Folgen hin: »Der gute Mensch bürgt für den Nächsten; nur wer die Scham verloren hat, flieht vor seinem Bürgen« (Sir 29, 14); »Steh für den Nächsten ein, so gut du kannst, doch sei auf der Hut, daß du nicht hereinfällst« (Sir 29,20). »Wer für einen Freund bürgt, ist übel dran; wer den Handschlag ablehnt, geht sicher« (Spr 11,15).
   Ursprünglich war auch ein Darlehen stets mit einer Bürgschaft verbunden, doch nur Vermögenslose durften einen Bürgen stellen. Dem Besitzenden war es untersagt:
   Swe eigenis alsô vile hat,
   daz bezzer ist den sîn wergelt,
   binnen deme gerichte, derne darf
   nich einen burgen setzen, ab men
   ene umgerichte beclaget.
   (Sachsenspiegel-Landrecht II, 5, S 1).
Nach mittelalterlichem Recht haftete der Bürge bei Nichterfüllung des Schuldners nach Ablauf der gesetzten Frist mit seinem eigenen Leben, d.h. er wurde durch den Strang hingerichtet. Daraus erklären sich Redensarten und spöttische Wendungen wie: ›Bürgen soll man würgen‹, ein Sprichwort, das in vielen Zitaten wiederzufinden ist, unter anderem bei Christian Weise in ›Die drei ärgsten Erznarren‹ (2. Auflage 1704), 421: »du narr, fühle doch zuerst an den hals ob du kützlich bist, denn es heiszt, bürgen soll man würgen«; desgleichen bei Friedrich von Schiller:
   Ich lasse den Freund dir als Bürgen,
   ihn magst du, entrinn ich, erwürgen.
Auf die Tatsache, daß es nur arme Leute trifft, weisen die folgenden Zeilen:
   dar umbe hât man bürge
   daz man die armen würge (S. Brant).
Im Laufe der Jahrhunderte verlor diese Art der Bürgschaft jedoch an Bedeutung, so daß nach heutigem Verständnis die Wendung Für jemand bürgen meist (ausgenommen Kreditbürgschaften, vgl. z.B. Bundesbürgschaften) nur noch rhetorischen Charakter hat und gebraucht wird im Sinne von: sein Wort für jemand verbürgen, für die Rechtschaffenheit eines Menschen einstehen.
• A. HENCH: »To bail out«, in: American Speech, 32 (1957), S.159-160; E. KAUFMANN: Artikel ›Bürgschaft‹, in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte I, Spalte 565-569 E. SCHOENFELD: Artikel ›Bürgschaft‹, in: Enzyklopädie des Märchens II, Spalte 1041-1044.

Das Wörterbuch der Idiome. 2013.

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