Wolle

Wolle
(Warm und weich) in der Wolle sitzen (sein, stecken): ein sorgloses Leben führen, wohlhabend sein, es gut haben, ›warm sitzen‹; eigentlich vom Schaf gesagt, das ein dickes, warmes Wollfell trägt. Die Schafwolle stellt einen großen Wert dar und wird deshalb sinnbildlich für großen menschlichen Reichtum gebraucht. Vergleiche französisch ›étre élevé dans la laine‹ (wörtlich: in der Wolle erzogen werden) im Sinne von: eine zu weiche Erziehung bekommen.
   Auch In die Wolle kommen (eigentlich: ›bald geschoren werden können‹) wird übertragen gebraucht in der Bedeutung: zu Vermögen kommen. Keine Wolle gewinnen: keinen Vorteil dabei haben. Von guter Wolle sein: tüchtig, wertvoll sein. »Dieser Mönch ... war nicht von der besten Wollen«, d.h. taugte wenig (Grunau, Preußische Chronik I, 433).
   Sich in die Wolle geraten (kriegen): zu streiten beginnen, aufeinander zornig werden, untereinander handgreiflich werden. Wolle steht hier scherzhaft für das menschliche Kopfhaar. Die Redensart ist eine erst unserem Jahrhundert angehörende Parallelbildung zu ›Sich in die Haare geraten‹, ›Sich in den Haaren liegen‹. Entsprechend Einen in der Wolle haben: sich mit ihm streiten; Wolle lassen (wie: ›Haare lassen‹): Verlust erleiden; vgl. französisch ›Y laisser des plumes‹ (wörtlich: Federn dabei verlieren) Feder, sowie ›se laisser manger la laine sur le dos‹ (wörtlich: sich die Wolle vom Rücken fressen lassen) im Sinne von: Sich das Fell über die Ohren ziehen lassen, Fell; Einen in die Wolle bringen: ihn erbosen. Älter ist Einem in die Wolle greifen: ihm scharf zusetzen; ursprünglich auf das Schaf angewandt, das man an der Wolle packt und festhält. In übertragenem Sinne schon bei Luther: »Das heyst dem bapste yn die wolle gegriffen« (Weimarer Ausgabe Bd. 34, 2, S. 312). Auch ›einem in den Beutel greifen‹ kann die Redensart bedeuten, z.B. in der ›Zimmerischen Chronik‹ (Bd. II, S. 169): »Als nun junker Heinrich vil verthon, derhalben in grosse schulden kommen, hat er angefangen, dem alten herrn mehr und gröber in die wollen zu greifen«. 1639 findet sich bei Lehmann S. 679 (›Regenten‹ 201): »Alexander der Gross alß er vermahnt worden, er sott seinen Vnterthanen besser in Woll greiffen, hat er geantwortet: Er möge keinen Gärtner haben, der fruchtbare Kräuter mit der Wurtzel außruppft«.
   In der Wolle gefärbt: echt, treu, zuverlässig, unverfälscht; gilt ursprünglich von einem farbigen Stoff, der nicht erst als Tuch, sondern schon als unverarbeitete Wolle gefärbt worden ist und, da er völlig von ihr durchdrungen ist, die Farbe besser hält. Das Wortspiel wird gelegentlich sogar noch weitergeführt, z.B.
bei Ina Seidel (›Lennacker‹ [1938], S. 449): »Heut aber sind ganze Völker, ja ganz Europa in der Wolle gefärbt durch das teure Blut unseres Herrn und Heilands Jesu Christi ... da durch die Taufe viele Christen wirklich nur eben in der Wolle – nicht aber bis in die Seele hinein christlich gefärbt sind«.
   Viel Geschrei und wenig Wolle Geschrei.
• ZEPF: Artikel ›Wolle‹, in: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens IX, Spalte 814-817.

Das Wörterbuch der Idiome. 2013.

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