Windsbraut

Windsbraut
Wie eine Windsbraut durchs Land fahren: schnell und mit ungestümer Kraft, wie ein Wirbelwind alles mitreißend.
   Dieser sprachliche Vergleich gehört zu den Redensarten mit beweglichem Hintergrund. Das Wort ist bereits im 8. Jahrhundert als ›wintes prut‹ und im Mittelhochdeutschen als ›windes brût‹ bezeugt. Der Wirbelwind wird ohne bisher nachweisbare mythologische Grundlage als weibliches Wesen gefaßt, das vom männlichen verkörperten Wind gejagt wird. Vergleiche die gleichbedeutenden Ausdrücke im Niederländischen ›vaerende wijf (moeder, vrouwe)‹ und im Pfälzischen ›Windhexe‹. Literarische Belege für die Redensart finden sich z.B. bei Grimmelshausen: »ich fuhr herum wie eine Windsbraut« (›Simplicissimus‹ 206, Kögel), und bei Schiller: »Das riß uns wie die Windsbraut fort« (Werke I,.S. 346).
   Sagen von der Windsbraut sind erst sekundär entstanden. Meist jagt sie mit dem ›Wilden Heer‹ vereint durch die Lüfte und wird mit Frau Holle gleichgesetzt, oder sie erscheint als Arme Seele, die gejagt wird und so ihr Vergehen büßen muß. Häufiger wird sie jedoch als Wetterhexe gedacht, die das Unwetter als Schadenzauber erzeugt und selbst im Wirbelwind als nacktes Weib durch die Sturmwolken fährt. Sie straft den Spötter, indem sie ihn durch die Luft entführt, und kann durch einen Messerwurf abgewehrt und verletzt werden. Thompsons Motif-Index hat für die Wirbelwindhexe die besondere Nummer G 242.2 »Witch flies as whirlwind«.
   In moderner Deutung ist eine Windsbraut eine Motorradbeifahrerin bzw. -sozia und seit 1945 eine Flugzeug-Stewardeß.
• Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens IX, Spalte 636ff., Artikel ›Wind‹ von ZIMMERMANN; R. LOEWEIN: Indogermanische Forschung 47 (1929), S. 272; DERS. in: Zeitschrift für deutsche Philologie 55 (1930), S. 84; L. RÖHRICH: Die Frauenjagd, in: Erzählungen des späten Mittelalters, Bd. II (Bern 1967), S. 5-52 und S. 393-407; R. WILDHABER: Volkstümliche Auffassungen über den Wirbelwind in Europa, in: Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft in Wien, C. (1970), S. 397-415; M. ZENDER: Meinungen und Redensarten zu Sturm und Wirbelwind, in: Festschrift für Robert Wildhaber, herausgegeben von W. Escher, Th. Gantner und H. Trümpy (Basel 1973), S. 722-737.

Das Wörterbuch der Idiome. 2013.

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  • Windsbraut — (angeblich nach der germanischen Mythologie die Gemahlin des Windgottes, nach And. so v.w. Windsbrauß), ein plötzlich eintretender sehr heftiger, wirbelnder, heulender Sturmwind …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Windsbraut — Windsbraut, alter Ausdruck für Sturm oder Wirbelwind, in der Volkssage Verkörperung desselben (so nach einer märkischen Sage ein Edelfräulein, das die Jagd über alles liebte und gleich dem wilden Jäger verwünscht ward, in alle Ewigkeit mit dem… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Windsbraut — Windsbraut,die:⇨Sturm(1) …   Das Wörterbuch der Synonyme

  • Windsbraut — Sf Wirbelwind erw. fach. (9. Jh.), mhd. windesbrūt, ahd. wintes prūt Stammwort. Aus vd. * brūdi zu der unter brauen aufgeführten Grundlage, zu der auch brausen gehört. ✎ Loewe, R. IF 47 (1929), 272 288; Krogmann, W. IF 49 (1931), 184 202; Röhrich …   Etymologisches Wörterbuch der deutschen sprache

  • Windsbraut — Wịnds|braut 〈f. 7u; unz.; poet.〉 Wirbelwind ● wie die Windsbraut daherjagen mit größter Schnelligkeit, stürmisch [<mhd. windesbrut <ahd. wintes prut „Windsbraut, Wirbelwind“ mit vielen Varianten in den verschiedenen Dialekten aufgrund… …   Universal-Lexikon

  • Windsbraut — * Wie eine Windsbraut durchs Land fahren. – Eiselein, 644. Ein sagenhaftes, der wilden Jagd entlehntes koboldartiges Wesen, ein geisterhaft nacktes Weib mit schneeweissen Brüsten; eigentlich der dem grössern Sturme voraufgehende Wirbelwind.… …   Deutsches Sprichwörter-Lexikon

  • Windsbraut (Skulptur) — Windsbraut …   Deutsch Wikipedia

  • Windsbraut, die — * Die Windsbraut, plur. inusit. ein im Hochdeutschen veraltetes Wort, einen Sturm zu bezeichnen, welches noch Apost. 22, 14 vorkommt, auch in der Schweiz und andern Oberdeutschen Gegenden üblich ist. In den alten Oberd. Schriftstellern… …   Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart

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