Sinn

Sinn
Mit jemandem eines Sinnes sein: völlig mit seinen Ansichten übereinstimmen; Anderen Sinnes werden: sich überzeugen, umstimmen lassen, seine vorgefaßte Meinung, Absicht ändern.
   Keinen Sinn für etwas haben, auch: Einem geht der Sinn dafür ab: kein Verständnis (Gefühl) für etwas aufbringen können, einen völlig unbeeindruckt (kalt) lassen; vgl. französisch ›N'avoir pas le sens de quelque chose‹.
   In den folgenden Wendungen steht Sinn für Kopf oder Verstand: Jemandem in den Sinn kommen; vgl. französisch ›venir à l'ésprit de quelqu'un‹, auch: Einem durch den Sinn fahren: einem plötzlich wieder einfallen, sich Gedanken um etwas (jemanden) machen müssen, aber auch: eine neue Idee haben. Ähnlich: Etwas im Sinne haben: etwas beabsichtigen, neue Pläne haben; vgl. französisch ›avoir quelque chose derrière la tête‹.
   Etwas kommt einem nicht in den Sinn: man denkt nicht im entferntesten daran, die Wendung wird meist als beruhigende Versicherung gebraucht, wenn einer Sorge und Zweifel über das künftige Verhalten des anderen äußert. Vergleiche niederländisch ›Het komt mij niet- eens in den zin‹; französisch ›Quelque chose ne vient pas à l'ésprit de quelqu'un‹.
   Etwas kommt einem nicht aus dem Sinn: man muß ständig daran denken, es bedrückt, beschäftigt einen immerzu, die Erinnerung verblaßt nicht, eine liebevolle Bindung bleibt trotz räumlicher Trennung bestehen. Diese Wendung begegnet auch im Liebeslied, z.B. lautet eine bekannte Strophe:
   Du, du liegst mir im Herzen,
   Du, du liegst mir im Sinn.
   Du, du machst mir viel Schmerzen,
   Weißt nicht, wie gut ich dir bin.
Etwas will einem nicht in den Sinn: man kann es sich nicht vorstellen, man begreift nicht, daß so etwas möglich ist, daß man sich so in einem Menschen getäuscht hat.
   Jemandem steht (nicht) der Sinn nach etwas: sein Wunsch, Interesse, Verlangen richtet sich (nicht) darauf. Ähnlich: Etwas ist jemandes ganzes Sinnen und Trachten: ihm gilt sein ganzes Bestreben. Diese Wendung ist wahrscheinlich dem biblischen Ausdruck ›Dichten und Trachten‹ (Gen 6, 5) nachgebildet worden. Ebenfalls biblischer Herkunft sind die Redensarten Nichts Gutes im Sinne haben (Sir 1 1, 34) und Böses im Sinne haben (Ps 7, 15).
   Sich etwas aus dem Sinn schlagen: hoffnungslose Wünsche und fruchtlose Gedanken aufgeben, sich bewußt neuen Zielen und der Zukunft zuwenden. Diese Wendung erscheint in dem bekannten Wanderlied ›Es, es, es und es‹, in dem es heißt:
   Drum schlag ich Frankfurt aus dem Sinn
   Und wende mich, Gott weiß, wohin.
Vergleiche französisch ›se sortir quelque chose de la tête‹.
   Etwas ist ganz in (nach) seinem Sinne: es entspricht seinen Anordnungen, seiner Denkart, die Handlungsweise verdient sein Wohlgefallen.
   Neuere Wendungen sind: Das ist nicht der Sinn der Sache: das war damit nicht beabsichtigt, und Das ist nicht im Sinne des Erfinders: das ist nicht das Richtige, nicht ›der Zweck der Übung‹.
   Weder Sinn noch Verstand haben: keine schlüssige Beweiskraft besitzen, den logischen Zusammenhang vermissen lassen, ohne sinnvolle Begründung und deshalb bedeutungslos sein. Vergleiche niederländisch ›slot noch zin hebben‹; französisch ›n'avoir ni rime ni raison‹ oder ›ni queue ni tête‹; englisch ›to be without rhyme or reason‹. Ähnlich: Etwas ohne Sinn und Verstand tun: planlos beginnen, die Folgen des Handelns nicht vorher bedenken.
   Einen sechsten Sinn für etwas haben: eine Ahnung, einen sicheren Instinkt, eine fast übernatürlich erscheinende Fähigkeit besitzen, immer das Richtige vorauszusehen und sich in seinen Handlungen darauf einzustellen. Seit 1920 bezeichnet man mit dem 6. Sinn auch den Unsinn, der über die normalen fünf Sinne hinausgeht, aber auch den Geschlechtstrieb. Auch sonst ist es redensartlich üblich, den Geistesgestörten und Verschrobenen scherzhaft mit mehr als den üblichen Sinnen auszustatten. Mundartlich heißt es z.B. ostpreußisch ›He heft sewe Sönne: fif dwatsche on twê nich recht kloge‹ und schlesisch ›Er hat sieben Sinne, drei tolle und vier verrückte‹. Dagegen spielt die Fernsehsendung ›Der siebte Sinn‹ auf einen angeblich vorhandenen ›Verkehrssinn‹ an, der nur weiterentwickelt und ausgebildet werden muß.
   Meistens wird der Schwachsinnige durch das Fehlen einiger oder aller Sinne charakterisiert: Wie von Sinnen sein, auch: Nicht bei Sinnen sein: wahnsinnig, verstört, verrückt sein, eigentlich besinnungslos, ohne Bewußtsein sein; vgl. französisch ›N'avoir pas tout son bon sens‹ (wörtlich: seinen gesunden Menschenverstand verloren haben).
   Scherzhaft heißt es von einem geistig Minderbemittelten: Er hat seine fünf Sinne alle drei (vgl. niederländisch ›Hij heeft zijne vijf zinnen alle drie‹) oder Er hat drei Sinne wie ein Bär. Von einem Zerstreuten dagegen sagt man: Ein Sinn ist ihm ausgeflogen, der andere sitzt noch auf dem Neste oder Seine Sinne sind auf Reisen; Er hat seine fünf Sinne nicht beieinander, vgl. lateinisch ›Communi sensu plane caret‹
(Horaz) und niederländisch ›Zijne zinne zijn van huis‹ und ›Hij heeft zijne vijf zinnen niet bij elkander‹.
   Die Wendung Er hat seine Sinne in die Wäsche gegeben verzeichnet bereits Sebastian Franck in seiner Sammlung (II, 69b): »Sie haben jre Sinn ausszuwaschen geben«.
   Dagegen: Seine fünf Sinne zusammenhalten (nehmen): seine Aufmerksamkeit auf eine Aufgabe konzentrieren, seine Fassung bewahren, sich in der Gewalt haben. Etwas mit allen Sinnen aufnehmen: etwas genießen, vollständig zu erfassen suchen, von gespannter Aufmerksamkeit sein.
   Seinen Sinnen unterworfen sein: seiner Begierden und Triebe nicht mächtig sein.
• H.G. ADLER: Die fünf Sinne im Spiegel der Sprache, in: Muttersprache (1963), S. 222-233; H. BENDER: Unser sechster Sinn (Stuttgart 3. Auflage 1972).

Das Wörterbuch der Idiome. 2013.

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