schwer

schwer
Es schwer haben: mit Schwierigkeiten zu kämpfen haben, ein mühevolles Leben führen, von Sorgen belastet sein. Es schwer mit jemanden haben: schlecht mit dem anderen auskommen, oft Ärger und Streit haben, auf wenig Verständnis und Hilfsbereitschaft rechnen können, ihn ständig unterstützen (betreuen) müssen, ihn als große Belastung empfinden. Ursprünglich bezeichnet das Adjektiv schwer das Gewicht, das in übertragener Bedeutung auch die drückende Last, die Sorge und Qual umschreiben kann. Deutlicher ist dies noch in der älteren Redensart Etwas liegt einem schwer. Wir ergänzen heute: auf dem Herzen, auf der Seele, auch: im Magen, d.h. es bereitet Kummer oder Unbehagen und Angstgefühle. Die Wendung Etwas liegt schwer auf einem hat Schiller literarisch in den ›Piccolomini‹ (3, 3) gebraucht: »Schwer lag auf mir des Scheidens Bangigkeit«.
   Schwer in der Hand liegen: schlecht zu bewältigen sein, Anstrengung und Ermüdung verursachen. Ursprünglich stammt die Wendung aus der Reitersprache. Wenn das Pferd beim Reiten immer den Kopf hängenläßt, ›Ist (liegt) es schwer auf der Hand‹, d.h. die Hand des Reiters, die die Zügel hält, muß ständig fest zupacken und ermüdet zu. schnell. Vergleiche niederländisch ›zwaar op de hand sijn‹; französisch ›être pesant a la main‹; englisch ›to be heavy in hand‹.
   Die Redensart Jemandem eine schwere Hand auflegen (fühlen lassen): ihn mit Strenge erziehen, ihm wenig freien Willen lassen, ihm Übermut und Leichtsinn nicht durchgehen lassen, ist biblischen Ursprungs. In Ps 32, 4 heißt es: »Deine (des Herrn) Hand war Tag und Nacht schwer auf mir«.
   Etwas schwernehmen: von einer Kritik (einem Tadel) getroffen, tief beeindruckt, von Trauer, Verzweiflung erfüllt sein, sich nicht ohne weiteres über etwas Unangenehmes hinwegsetzen können; vgl. französisch ›prendre quelque chose au tragique‹.
   Alles zu schwer nehmen: sich unnötige Gedanken machen, sich mit Zweifeln oder Gewissensbissen quälen. Einem das Herz schwermachen Herz.
   Etwas schwer tragen: eine Unglücksnachricht kaum fassen, einen Verlust kaum verwinden können. Die Wendung erscheint bereits in der mittelhochdeutschen Dichtung in übertragener Bedeutung: Im ›Tristan‹ Gottfrieds von Straßburg (V. 13665) heißt es:
   doch truog erz in dem muote
   leitlîchen unde swâre.
Vergleiche auch Schwer an etwas tragen: tief bekümmert sein.
   Einem schwer sein (werden): für ihn sehr schwierig, kaum durchführbar, höchst unangenehm sein; Zu schwer sein für jemanden: seine Kräfte übersteigen, seinem Leistungsvermögen nicht entsprechen. Jemandem fällt etwas schwer: er kann seine Aufgaben nicht ohne Anstrengung und Mühe bewältigen, er braucht viel Zeit und Kraft dafür, er besitzt ein schlechtes Gedächtnis, er muß ständig lernen, wiederholen und üben, um mit anderen Schritt zu halten. Vergleiche auch die Wendungen Einem nur schwer eingehen: ihm kaum verständlich und faßbar sein, Nur schwer zu begreifen sein und Sich schwertun mit etwas. Jemand, der sich ungeschickt anstellt, der einen Sachverhalt nicht gleich erfaßt, nennt man ›Schwer von Begriff‹.
   Schwer geladen haben: betrunken sein, schwerfällig gehen, hin und her schwanken (torkeln), eigentlich sich wie ein beladener Wagen, wie ein volles Frachtschiff bewegen.
   Oben so schwer wie unten sein: einen Rausch, einen ›Schweren Kopf‹ haben. Vergleiche englisch ›He ist top-heavy‹, trinken.
   Der redensartliche Vergleich Er ist so schwer wie Blei (niederländisch ›Het is zoo zwaar als lood‹) wird in übertragener Bedeutung bereits von Walther von der Vogelweide (76, 3) verwendet:
   die tôren sprechent sniâ snî.
   die armen liute owê owî.
   des bin ich swaere alsam ein blî.
Um ein großes Körpergewicht eines Menschen anschaulich zu machen, sagt man auch (vor allem in Mitteldeutschland): Er ist so schwer wie ein toter Mann, da sich ja bekanntlich Tote nur schlecht heben und tragen lassen und schwerer geworden zu sein scheinen. Vergleiche französisch ›Il a le poids d'un âne mort‹ (wie ein toter Esel).
   Das Adjektiv ›heiß‹ kann mit ›schwer‹ gleichgesetzt werden, weil es ähnliche Folgen haben kann: man läßt einen Gegenstand fallen, an dem man sich die Hände verbrennt oder den man wegen seines Gewichts nicht halten kann. Wer von der Hitze eines Topfes, den er aufheben möchte, überrascht wird, ruft z.B.: Au, ist der aber schwer!, bevor er ihn rasch losläßt.
   Wenn etwas nur äußerst zögernd und mühevoll vorangeht, spricht man im redensartlichen Vergleich von einer Schweren Geburt; die Entbindungszeit wird euphemistisch umschrieben, denn man sagt, daß eine Schwangere ihrer Schweren Stunde entgegensehe.
   Um die Unmöglichkeit einer Sache deutlich zu machen, kennt man in Ostpreußen den Vergleich ›So schwoar, as wenn de Bock lamme sull‹.
   Zur Umschreibung der Schwangerschaft selbst wird die Wendung Schwer gehen benutzt, die bereits 1660 bei Corvinus (›Fons latinit.‹ 1, 305a) belegt ist: »so spricht der deudsche man und mutterzunge, das weib gehet schwanger, oder gehet schweer, oder ist schwanger‹;.
   Schweres Geschütz auffahren Geschütz.
   Die schwere Not bekommen Schwerenöter.

Das Wörterbuch der Idiome. 2013.

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  • Schwer — Schwêr, er, ste, adj. et adv. 1. Im eigentlichen physischen Verstande ist schwer, 1) absolute und ohne alle Rücksicht auf die Vergleichung oder Empfindung, was ein Bestreben hat, sich senkrecht nach einem gewissen Mittelpuncte zu bewegen. In… …   Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart

  • schwer — • schwer schwe|rer, schwers|te Kleinschreibung {{link}}K 89{{/link}}: – schwere (ernste, getragene) Musik – schweres (großkalibriges) Geschütz – schweres Wasser (Sauerstoff Deuterium Verbindung) – ein schwerer Junge (umgangssprachlich für… …   Die deutsche Rechtschreibung

  • schwer — Adj. (Grundstufe) von großem Gewicht, nicht leicht Beispiele: Das Gepäck ist sehr schwer. Sie ist 50 Kilo schwer. schwer Adj. (Aufbaustufe) mit großer körperlicher Anstrengung oder vielen Schwierigkeiten verbunden Synonyme: hart, mühevoll, mühsam …   Extremes Deutsch

  • schwer — schwer: Das gemeingerm. Adjektiv mhd. swæ̅re, ahd. swār‹i› »schwer«, got. swers »geachtet, geehrt«, aengl. swæ̅r‹e›, schwed. svår »schwer« geht von der Grundbedeutung »Gewicht habend« aus und ist verwandt mit der baltoslaw. Sippe von lit. svarùs …   Das Herkunftswörterbuch

  • Schwer — ist der Familienname folgender Personen: Karl Schwer (1911–1988), österreichischer Politiker (ÖVP) Lea Schwer (* 1982), schweizerische Beachvolleyball Spielerin Oskar Schwer (1872–1921), deutscher Architekt Stefan Schwer (1902–1990), deutscher… …   Deutsch Wikipedia

  • schwer — Adj std. (8. Jh.), mhd. swāre, swære, ahd. swāri, as. swār Stammwort. Aus g. * swǣra Adj. schwer, gewichtig (sekundär auch ja Stamm), auch in gt. swers geachtet , anord. svár, ae. swǣre, afr. swēr schwer . Außergermanisch vergleicht sich lit.… …   Etymologisches Wörterbuch der deutschen sprache

  • schwer — [Basiswortschatz (Rating 1 1500)] Auch: • groß • stark • kräftig • schwierig • hart • …   Deutsch Wörterbuch

  • schwer — 1. Der Koffer ist viel zu schwer. 2. Die Prüfung war schwer. 3. Das ist eine schwere Arbeit. 4. Dieses Wort ist schwer zu erklären …   Deutsch-Test für Zuwanderer

  • -schwer — [ʃve:ɐ̯] <adjektivisches Suffixoid>: a) viel von dem im Basiswort Genannten enthaltend, aufweisend, davon wie mit einer Last angefüllt: bedeutungsschwer; ereignisschwer; erinnerungsschwer; inhaltsschwer. Syn.: ↑ intensiv, ↑ reich, ↑ stark …   Universal-Lexikon

  • Schwer — Schwer, s. Schwere …   Pierer's Universal-Lexikon

  • -schwer — im Adj, wenig produktiv; voll von dem, was im ersten Wortteil ausgedrückt wird; bedeutungsschwer, folgenschwer <eine Tat>, gedankenschwer <ein Moment>, inhaltsschwer <ein Brief>, schicksalsschwer <ein Tag>, sorgenschwer,… …   Langenscheidt Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache

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