Schranke

Schranke
Gegen jemanden in die Schranken treten: ihm öffentlich gegenübertreten, ihn mit der Waffe, auch mit Wort oder Schrift angreifen; vgl. französisch ›entrer en lice‹
   Einen in die Schranken fordern: ihn zum Kampf herausfordern. Rechenschaft von ihm verlangen.
   Für jemanden in die Schranken treten hieß ursprünglich: stellvertretend den Kampf mit dem Gegner aufnehmen, um das Recht des Schwächeren (Frauen, Kinder, Greise) zu verteidigen (z.B. trat Lohengrin in den Zweikampf für das Recht der Elsa von Brabant ein), heute bedeutet es ganz allgemein: sich für jemanden einsetzen. Vergleiche auch niederländisch ›in het krijt treden voor iemand‹ und französisch ›entrer dans le balustre‹ (veraltet).
   Diese Redensarten gehen auf das Turnierwesen des Mittelalters zurück, wo sich die Kämpfenden innerhalb der Turnierschranken gegenübertraten. Belegt ist die übertragene Anwendung aber erst in neuerer Sprache, so bei Schiller im ›Don Carlos‹ (I. Akt, 9. Sz), wo es heißt: »Arm in Arm mit dir, so fordr' ich mein Jahrhundert in die Schranken«.
   Die Redensarten von den Schranken an: ganz von vorn beginnend, und von den Schranken zum Ziel: vom Anfang bis zur Vollendung, bis zum Erfolg, stehen mit den Schranken an der Rennbahn in Zusammenhang, die einen Verschlag bilden, an dem der Wettlauf beginnt.
   Die Schranken überschreiten: weiter gehen, als recht und billig ist! Diese Redensart weist auf die altertümliche Gerichtshegung. Da die Gerichtsversammlungen ursprünglich unter freiem Himmel stattfanden, mußten Richter und Gerichtsplatz gegen den Andrang der Menge abgetrennt und gesichert werden. Dies geschah zuerst durch Haselstäbe, die im Kreis in den Boden gesteckt und mit Schnüren verbunden wurden (nach J. Grimm, ›Rechtsaltertümer‹, S. 809), später wurde der Dingplatz von festen Holzschranken umgeben. Wer sie überschritt, wurde bestraft. In den ›Salfelder Statuten‹ (Walch 1, 42) wurde dazu bestimmt: »wer da ouch trete in daz gestuele vor deme geheiten dinge ane loube des richters, der gibet zwene Schillinge«; anderwärts galt sogar: »wer ins gericht freventlich tritt, greift, fällt, hat fuß, hand oder hals verbrochen« (vgl. J. Grimm, ›Rechtsaltertümer‹, S. 854).
   Die Wendungen Jemanden in die Schranken zurückweisen: ihn auf das rechte Maß von Anstand, Geschmack, Moral, Sitte oder Takt hinweisen, vgl. französisch ›remettre quelqu'un à sa place‹; und Sich mühsam in den Schranken halten: sich gerade noch beherrschen können, stehen ebenfalls noch mit dem Gerichtswesen in Zusammenhang. Da dieser weitgehend vergessen wurde, mußte die neuere Redensart Jemanden vor die Schranken des Gerichts zitieren (fordern, ziehen) zur näheren Bestimmung den Zusatz ›des Gerichts‹ erhalten; vgl. französisch ›citer quelqu'un à la barre‹.
   Die modernen Wendungen Das übersteigt alle Schranken!: das läßt jedes herkömmliche Maß vermissen; vgl. französisch ›Cela dépasse toutes les limites‹ Schranken zwischen jemanden erichten: Hindernisse, Grenzen aufbauen, Alle Schranken niederreißen: alles Hemmende aus dem Wege räumen, und die Feststellung, daß Einer Sache (keine) Schranken gesetzt sind, besitzen nur noch übertragene Bedeutung. Bei ihrer Anwendung wird kaum noch an ihren Ursprung gedacht. Vergleiche auch niederländisch ›paal en perk aan iets stellen‹, englisch ›to set bounds to‹ und französisch ›mettre un frein, des bornes, le holà à quelque chose‹.
Gegen jemand in die Schranken treten. Reproduction des Holzschnittes Nr. CXX aus der Schultes'schen Ausgabe vom Jahre 1679, welcher in der 1. Ausgabe des Theuerdank vom Jahre 1517 nicht vorkommt. Aus: DER THEUERDANK, herausgegeben von Simon Laschitzer, Facsimile Reproduktion, nach der 1. Auflage von 1517 (= Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allter-
   höchsten Kaiserhauses, Bd. VIII), Wien 1888, S. 77.

Das Wörterbuch der Idiome. 2013.

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