Pferd

Pferd
Das Pferd beim Schwanze aufzäumen: eine Sache verkehrt anfangen (vgl. französisch ›brider son cheval par la queue‹ (heute veraltet); niederländisch ›hij toomt het paard an den staarts‹). Mundartliche Varianten sind: niederdeutsch ›he töumt't Piäd am Mäse op‹, und ›he tömt sien Perd bi'n Stert op‹; vgl. das niederdeutsche Scherzwort ›Practica est multiplex – sä de Bur? do bünd he sin Pärd mitn Steert ann Ploog‹; Esel. In einem Schreiben Luthers an die Stadt »Frankfurt am Meyen« heißt es:
   Das heißt der rechte Meister Klügle:
   Der das Roß am Hintern zäumen kann
   Und reitet rücklings seine Bahn.
Ähnlich im ›Sendbrief vom Dolmetschen‹ (Weimarer Ausg. 30. Band, 2. Halbbd., S. 634): »denn die wellt wil meister klüglin bleiben, vnd mus ymer das Ros vnter dem schwantz zeumen, alles meistern, vnnd selbs nichts können«. Im ›Simplicissimus‹ von Grimmelshausen (I,76) steht: »Manche zäumen das Pferd (so zu reden) von hinten auf und nehmen allerlei mit der Jugend für, auszer keine Gottesfurcht«.
   Vom Pferd auf den Esel kommen: herunterkommen, aus leidlichem Wohlstand in armselige Verhältnisse geraten (vgl. französisch ›monter l'âne‹ und ›le temps bien employé fait monter à cheval‹ – beides veraltet). Diese Redensart ist bereits in einer äsopischen Fabel belegt. Plautus verwendet das gleiche Bild, aber gewissermaßen in umgekehrter Richtung: »asinis ad boves transvendere«, was einen Aufstieg bezeichnet; bei Bruegel in der Variante mit dem Ochsen.
   Erasmus erklärt die entsprechende lateinische Wendung ›ab equis ad asinos‹ (›Adagia‹ I, 282) mit den Worten: »Ubi quis a studiis honestioribus ad parum honesta deflectit, veluti si quis e philosopho cantor, e theologo grammaticus, e mercatore caupo, ex oeconomo coquus, e fabro fierit histrio« (d.h.: von ehrenvolleren Studien zu wenig ehrenvollen absinken, z.B. vom Philosophen zum Küster, vom Theologen zum Schullehrer, vom Kaufmann zum Krämer, vom Gutsverwalter zum Koch, vom Handwerker zum Spielmann). Die lateinische Form scheint im 16. Jahrhundert ziemlich gebräuchlich gewesen zu sein; z.B. findet sie sich in der ›Zimmerischen Chronik‹ (II,326): »Sie kamen, wie man sprücht, ab equis ad asinos«. Aber schon um 1300 ist die Redensart deutsch bezeugt; Hugo von Trimberg klagt in seinem Lehrgedicht ›Der Renner‹ (V. 8420ff.) die Richter an, man sähe oft,
   wie jener des sache, dirre jens klage
   sô lange verziehen, bis daz sîn habe
   kume von dem rosse zu dem stabe.
Grimmelshausen im ›Simplicissimus‹ (IV, Kapitel 9, S. 330): »Also kam ich vom Pferd auf den Esel, und mußte ein Musketier werden wider meinen Willen«. Noch in neuerer Zeit in siebenbürgischer Mundart: ›vum Roß af de Kea (Kuh), von der Kea aft Schweng (Schwein), vum Schweng af den Heangd (Hund) kum‹, wozu sich trefflich die Geschichte von ›Hans im Glück‹ (Aarne-Thompson 1415, Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm 83) fügt, und niederländisch: ›van den os (für ors, hros = Ross) op de ezel‹ ( Ochse). Der Name des Kardinals Klesl in Wien forderte die spottlustige Zeit um die Wende des 16. zum 17. Jahrhundert zu einem Reim auf die Redensart heraus, und so sangen ihm denn die protestantischen Böhmen 1618 nach:
   Ach Clesel, lieber Clesel,
   Dein höllische Praktik
   Bringt dich vom Pferd aufn Esel,
   Bis kommt der Galgenstrick.
Mit dem kann man Pferde stehlen (oder ein Pferd mausen): mit ihm kann man schwierige Vorhaben ausführen, er ist zu allem brauchbar, er ist im guten Sinne unternehmungslustig und kein Spaßverderber, er ist ›zu jeder Schandtat bereit‹. Die Redensart bezieht sich auf die Tatsache, daß der Pferdedieb schlau, umsichtig und vielerfahren sein muß. Schon Theobald schreibt 1621 in den ›Hussittenkriegen‹ (II,162): »Sie waren die besten Freunde und wie man im sprüchwort sagt, hätten sie miteinander dörffen Pferd wegreiten«; E. Meisner 1705 in ›133 Sprichwörter‹ (S. 119): »Wären sie nicht gute Freunde, sie hätten Pferde miteinander stehlen können – eine treffliche Freundschaft, die sich mit solchen losen Stücken zusammenkoppelt«. Henrici (Picander) dichtet 1737:
   Hauptsächlich sag ich unverhohlen,
   Daß noch, wie man bei Leuten sieht,
   Die Pferd in Compagnie gestohlen,
   Die alte lustige Freundschaft blüht.
Auf einem fahlen Pferde reiten: lügen, sich irren, auch: Einen auf einem fahlen Pferde ertappen (oder finden, treffen): ihn bei einer Lüge, bei einem Irrtum, auf falscher Fährte treffen; volkstümlich entstellt in der Form: ›Einen auf einem faulen Pferde ertappen‹. Einen aufs fahle Pferd setzen: ihn bloßstellen; Auf einem fahlen Pferde gesehen werden: über einer bösen Geschichte ertappt werden, eine Schwäche verraten, so z.B. Bismarck (›Reden‹ XI,312): »Ich freue mich, die Herren auf demselben fahlen Pferde im preußischen Landtage wiederzusehen«. Die Deutung dieser Redensart ist schwierig. Als unwahrscheinlich abzulehnen sind die Erklärungen, das ›fahle Pferd‹
stamme aus Offb 6,8: »siehe, ein fahles Pferd, und der darauf saß, des Name hieß Tod, und die Hölle folgte ihm nach«, oder es sei der Grauschimmel Wotans in der Wilden Jagd. Eine andere Erklärung sieht in dem Wort ›fahl‹ kein Eigenschaftswort, sondern einen Eigennamen, und zwar ›Voland‹ oder ›Valant‹, d.i. ist der Name des Teufels in der Volkssage, der auch in der verkürzten Form ›Fahl‹ vorkommt. Die Volkssprache habe also einem groben Schwindler oder Bösewicht angedichtet, er reite auf ›des Fahles Pferd‹, d.h. dem Pferde des Teufels, des Vaters der Lüge. Richtiger ist wohl, daß Pferde von fahler Farbe selten waren und deshalb auffielen, daher die Redensart des Predigers Geiler von Kaysersberg (1445-1510) unter ›Adulatores‹ (Schmeichler): »den falwen hengst streichen«, d.h. wohl eigentlich, den Hengst jemandes um seiner seltenen Farbe willen streicheln und loben. Möglicherweise ist aber schon hier als Ursinn anzusetzen: den mit der ungewöhnlichen fahlen Farbe behafteten Hengst doch streicheln, um seinem Besitzer zu schmeicheln. so würde denn auch die Redensart ›auf einem fahlen Pferde gesehen werden‹ einfach bedeutet haben: einen unangenehmen Anblick gewähren, mit einer zweifelhaften Sache verbunden erscheinen. Die Redensart ›Er reitet ein fahl Pferd‹ ist seit 1691 durch Stieler in ›Der Teutschen Sprache Stammbaum‹ (S. 425) lexikalisch gebucht; dieser hat daneben auch: »Man hat ihn auf einer fahlen Ziege ertappt« (= beim Lügen erwischt); literarisch belegt ist die Redensart seit 1677 bei Butschky (›Pathmos‹ 612): »Wer einmal auf einem fahlen Pferde ertappet wird, dem glaubt man nicht leichte mehr«; heute ist sie nur noch selten gebraucht.
   Eine sprachgeschichtliche Spur führt nach Frankreich: in der altfranzösischen Literatur ist das falbe Pferd als Sinnbild für Lüge und Falschheit ungemein häufig: »sowohl Fauvel, abgeleitet von fauve: gelb, als auch Fauvain ... (begegnen) als Nomina propria für Pferde« (Bambeck. S. 242); dazu gehört die französische Redensart ›chevauchier Fauvain‹: den Falben reiten im Sinne von Falschheit üben; auch, in derselben Bedeutung: ›estriller Fauvain‹: den Falben striegeln. Diese Redensarten sind schon für das 13. Jahrhundert belegt (Thiele, S. 116-117). In anderer Form erscheint die Redensart schon 1170 in der Reimchronik der normannischen Herzöge von Benoit de Sainte-More: »Bien conoissum la fauve asnele«, sagt jemand, als er ein hinterlistiges Ansinnen zurückweist (Gaston Paris, Histoire Littérature de la France,1898, Band 32, S. 110).
   Weiterhin gibt es einen mittelalterlichen ›Roman de Fauvel‹ (von 1310 und 1314) von Gervais du Bus, in welchem in einer satirischen Allegorie das Pferd Fauvel als Symbol der Falschheit dargestellt wird, dem aber alle Stände, geistlich wie weltlich, schmeicheln. Der Name des Pferdes besteht aus den Anfangsbuchstaben der Laster: Flatterie, Averice, Vilenie, Variété, Envie und Lâchete‹ (vgl. Becker).
   Bei Sebastian Brant erscheint dann französisch ›étriller le cheval fauve‹ als frühe deutsche Übersetzung: ›den falben Hengst streichen‹ (1494).
   Da die französischen Belege früher einsetzen als die deutschen, spricht vieles für eine Entlehnung. Es kommt nicht von ungefähr, daß sowohl Geiler von Kaysersberg als auch Sebastian Brant diese Redensart kennen, denn sie kommen aus dem Elsaß, einer Vermittlungszone zwischen beiden Sprachen (vgl. Bambeck, S. 247). Für eine weitere Verbreitung sorgte dann die Predigt.
   Als Ausgangspunkt der Redensart überhaupt wird der Psalm 32,17 angesehen, wo vom »fallax equus« die Rede ist.
   Sich aufs hohe Pferd (Roß) setzen: sich hochmütig spreizen, stolz tun; vgl. französisch ›monter sur ses grands chevaux‹. Unwillkürlich gibt das Gefühl, hoch zu Roß zu sitzen, dem Reiter einen gewissen Stolz; so sagt der erste Kürassier in ›Wallensteins Lager‹ (ll. Auftritt):
   Frei will ich leben und also sterben,
   Niemand berauben und niemand beerben
   Und auf das Gehudel unter mir
   Leicht wegschauen von meinem Tier.
In übertragener Bedeutung findet sich die Redensart seit dem 16. Jahrhundert: »Das exempel dient vff böse exempel geben, als ordenszlüt thuon, die etwan hohe rosz reiten, dadurch die edlen etwan geergert werden« (Joh. Pauli, Schimpf und Ernst, 1522, hg. von Osterley, S. 50); hierher gehört auch der seit dem 17. Jahrhundert in übertragener Bedeutung bezeugte Ausdruck ›Hochtrabend‹. Berlinisch ›er is uf sein Ferd‹, in gehobener Stimmung; schwäbisch ›auf den höchsten Gaul 'nauf sitzen‹, seine Forderungen aufs höchste spannen; ›Einem auf den Gaul helfen‹, ›Ihn auf Trab bringen‹.
   Heinrich von Freiberg im ›Tristan‹ (V. 2195): »Er rîtet der zwelf boten pfert«, geht zu Fuß, Apostel.
   Immer sachte (oder nicht so hitzig) mit den jungen Pferden! ist eine Mahnung, nicht überstürzt zu handeln.
   Die Pferde hinter den Wagen spannen: etwas Unsinniges, Verrücktes tun. Die sprichwörtliche Redensart ist in allen romanischen und germanischen Sprachen verbreitet, wobei für das Pferd auch oft das Rind oder der Ochse steht. So etwa bei Freidank: »Der gebûr dânicht glückes hât, da der wagen für diu rinder gât«. Das Bild stammt aus der verkehrten Welt. Vgl. englisch ›to set the cart before the horse‹; französisch ›mettre la charrue avant les bœufs‹; niederländisch ›he spant de paarden achter den wagen‹; italienisch ›metter il carro inanzi ai buoi‹, aber schon die Römer sagten: ›Currus bovem trahit‹.
   Die Pferde stehen: die Sache geht nicht vorwärts.
   Das beste Pferd im Stall sein: der leistungsfähigste Mitarbeiter sein.
   Wer die tüchtigste, schönste Tochter bekommen hat, von dem sagt man rheinisch ›der het et beste Perd us dem Stall kriegen‹, und zur Bekräftigung der guten Wahl: ›de best Perd sökt (fend) mer em (op de) stall, de schlechten övverall‹.
   Das hält kein Pferd aus: das hält niemand aus, selbst der Stärkste nicht.
   Von hier bringen mich keine zehn Pferde fort: hier bleibe ich unter allen Umständen; vgl. das rheinische Volksrätsel: ›Et läft in de Keller, un zehn Geil ziehen et nit ruf?‹ (Antwort: der Garnknäuel).
   Das Pferd suchen und darauf sitzen (reiten): sich unnütze Mühe machen, gedankenlos sein. Schleswig- holsteinisch sagt man entsprechend: ›He söcht dat Perd und sitt dorop‹. Bei Moritz August von Thümmel schließlich erscheint die Redensart in seiner Reise in die mittäglichen Provinzen von Frankreich‹ (1784, S. 163): »... Es ist nichts natürlicher als die Natur, die immer da liegt, wo wir hinsehen, man sucht das Pferd, worauf man reitet«.
   Die Pferde scheu machen: die Leute einschüchtern, verängstigen.
   Es wird ein Pferd begraben: es ertönt schwere, ernste Musik (Mitte 20. Jahrhundert).
   Überlaß das Denken den Pferden, oft mit dem Zusatz: die haben einen größeren Schädel oder den größeren Kopf: du kannst nicht denken.
   Ihm gehen die Pferde durch: er verliert leicht die Beherrschung.
   Emanuel Geibel prägte die Verse:
   Was rühmst du deinen raschen Ritt
   Dein Pferd ging durch und nahm dich mit
   (Jähns 1, S. 227).
Vgl. französisch ›Il a mangé du cheval‹: Er ist eine dynamische Persönlichkeit; Roß.
   Pferde im Hintern haben: ein Auto mit Heckmotor fahren; die Pferdestärken (PS) sitzen dann hinten.
   Man hat schon Pferde kotzen sehn (oft mit dem Zusatz: ›direkt vor der Apotheke‹): man hat schon anderlei Unglaubliches erlebt, daher Vorsicht, etwa seit 1900 (Küpper).
   Mit jemandem eine Pferdekur (Roßkur, Gaulskur) vornehmen: die stärksten Mittel anwenden, die eigentlich nur für Pferde berechnet sind, vgl. französisch ›une médecine de cheval‹, heute besser: ›un remède de cheval‹, italienisch ›una medicina da cavallo‹. In früheren Zeiten galten die Schmiede als Sachverständige für Pferdekrankheiten und wirkten daher als Roßärzte. Noch heute pfuschen sie manchmal auf dem Land dem Veterinär ins Handwerk. Die Behandlung der Tiere war, wie die alten ›Doktorsbüchlein‹ bezeugen, gewaltsam und geradezu grausam. Der Schmied operierte mit glühendem Eisen, mit Zange und Hammer und kurierte mit den fürchterlichsten inneren Mitteln. Es gehörte wirklich eine ›Gaulsnatur‹ dazu, diese Heilmethoden zu überstehen. Die Wendung ›Er besitzt eine Gaulsnatur (Roßnatur)‹ ist heute noch volkssprachlich gebräuchlich.
   Um eine Pferdelänge voraus sein: knapp im Vorsprung sein; diese Redensart ist vom Pferderennen hergenommen, desgleichen die folgende: Aufs richtige (falsche) Pferd setzen: Recht oder Glück haben (Pech haben).
   Vom Pferd getreten werden: sehr verwundert, überrascht sein (werden); der Ausdruck ist besonders häufig bei Jugendlichen. Diese Wendung ist besonders verbreitet seit Ulrich Plenzdorfs Stück ›Die neuen Leiden des jungen W‹; so sagt der Held Edgar Thibaut S. 92: »Ich dachte, mich tritt ein Pferd und streift ein Bus und alles zusammen« (ed. Suhrkamp). ›Ich denk', mich tritt ein Pferd‹ ist auch als Lieblingsspruch des ehemaligen Ministers Hans Apel bekannt geworden.
   Jemand ist schon auf dem trojanischen Pferd ge-
ritten: jemand hat ein hohes Alter. (Wander III, Spalte 1316, Nr. 852). Das Trojanische Pferd war ein von den Griechen vor Troja gebautes riesiges Holzpferd, in dessen Bauch sie die Krieger verstecken und in die Stadt Troja schmuggeln konnten, Danaergeschenk. Diese List hatte sich Odysseus ausgedacht. Das Pferd war eines der Lieblingstiere der griechischen Götter. So dachte man sich das erste Pferd ›Arion‹ aus der Vereinigung Poseidons mit Demeter entstanden. In der weißen Gischt des Meeres sah man die Pferde Poseidons. Auch die Indogermanen brachten Pferde mit Gottheiten in Zusammenhang, indem sie sie als deren Verkörperung verehrten. Dem schnellen, klugen Tier wird Weissagekraft, Segenswirkung und Heilkraft zugeschrieben. Im England gibt es die Redensart: ›I heard it out of the horse's mouth‹: ich weiß es aus erster Hand, aus sicherer Quelle.
   Im Volksmund ist das Pferd oft eine Umschreibung für ›Penis‹. So sagt man, wenn ein Mann die Hose offen hat: ›Das Pferd ist durch die Stalltüre zu sehen‹. Überhaupt sind Begriffe wie ›Reiten‹, ›Aufsitzen‹, ›Mit der Stute gen Acker fahren‹, ›Einer Frau den Hengst machen‹ Bezeichnungen für Beischlaf. Sebastian Frank schreibt 1541: »Der Wein macht das adamisch Rößlein laufen«. W. Danckert (Spalte 1419) teilt einen erotischen Zweizeiler aus Polen mit:
   Erbarm dich, lege dich hin, denn drei Tage steht
   mir schon
   mein Pferdchen im Ställchen, wer wird es mir tränken?
In vielen Volksliedern bedeutet die Aufforderung eines Mädchens an einen Mann, er solle doch sein Pferd an einen Baum anbinden, daß er seine Leidenschaft zügeln solle. Nach einem arabischen Sprichwort liegt das Paradies auf dem Rücken der Pferde. Friedrich von Bodenstedt (1819-1892) führt es im 34. Spruch seiner ›Lieder des Mirza-Schaffy‹ (1851) in die deutsche Literatur ein:
   Das Paradies der Erde
   liegt auf dem Rücken der Pferde,
   In der Gesundheit des Leibes
   und am Herzen des Weibes ...
Jemandem gut zureden wie einem kranken Pferd (Gaul): jemandem Mut zusprechen. Unter Pferdehaltern gilt, daß sich ein krankes Pferd nicht hinlegen darf, sonst stirbt es. Damit es auf den Beinen bleibt, redet man ihm u.a. auch gut zu.
• M. JÄHNS: Roß und Reiter in Leben und Sprache, Glauben und Geschichte der Deutschen. Eine kulturhistorische Monographie, Band 1 (Leipzig 1872); A. TOBLER: Verblümter Ausdruck und Wortspiel in altfranzösischer Rede, in: Sitzungsberichte der Preußischen Akademie der Wissenschaften 1882; A. DE COCK: Het Paard in de spreekwoordentaal, in: Volkskunde 9 (1896-1897), S. 89-90; J. VON NEGELEIN: Das Pferd im Seelenglauben und Totenkult, in: Zeitschrift d.V. für Volkskunde 11 (1901); R. SCHÖNBECK: Das Pferd und seine Darstellung in der bildenden Kunst (1908); L. MALTEN: Das Pferd im Totenglauben, in: Jahrbuch des deutschen archäologischen Instituts 29 (1914), S. 174ff.; J. MÜLLER: Das Pferd im Volksmund, in: Niedersachsen 25 (1919), S. 208; M.O. HOWEY: The Horse in Magic and Myth (London 1923); O. LUTSCH: Auf einem faulen Pferde ertappt werden, in: Zeitschrift für Deutschkunde 37 (1923), S. 76-77; A. WESSELSKI: Hüte dich, mein Pferd schlägt dich!, in: ders.: Erlesenes (Prag 1928), S. 120-125; K. DE FLOU: Het peerd van de molenaar laat zijn oren hangen, in: Biekorf 36 (1930), S. 128; W. KOPPERS: Pferdeopfer und Pferdekult der Indogermanen, in: Wiener Beiträge zur Kulturgeschichte und Linguistik 4 (1936), S. 279-411; P.A. BECKER: Fauvel und Fauvelliana, in: Berichte über die Verhandlungen der Sächsischen Akademie der Wissenschaften, Philologisch- historische Klasse 88 (1936); FR. THIELE: Kulturkunde bei der Darbietung idiomatischer Ausdrücke, in: German Quarterly 14 (1941), besonders S. 115-118; R. DE ROECK: Het paard in de Volksgeneeskunde en de Folklore, in: Brabant 11 (1959), 3, S. 15-16; A. TAYLOR: Out of the horse's mouth, in: American Notes and Queries 10 (1972), S. 72; W. DANCKERT: Symbol, Metapher, Allegorie im Lied der Völker, Band IV (Tiere) (Bonn 1978), S. 1404-1430; W. GOBRACHT: Wer Glück hat, dem fohlt sogar der Wallach. Sprichwörter und Redensarten vom Pferd (Bad Homburg 1978); M. BAMBECK: Auf einem fahlen Pferde reiten. Ursprung und Sinn einer alten Redensart, in: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen 217 (1980), S. 241-258; E. ROSENBERGER: Das Pferd in deutschen Sprichwörtern und Redensarten (Lizentiatsarbeit (masch.) Basel 1989).
Das Pferd beim Schwanz aufzäumen. ›Der Schöffer von der Newenstat‹. Einblattdruck o.J., Schloßmuseum Gotha. Schloß Friedenstein (Inv. -Nr. 40, 55 – XLI/62/50).
Das Pferd beim Schwanz aufzäumen. Misericordiendarstellung in Bristol /England.
Vom Pferd getreten. Detail aus Münchener Bilderbogen, Nr. 205: Die Folgen des Vorwitzes.
Das Trojanische Pferd. Holzschnitt, aus: Frank: Lob des königlichen Spiels.

Das Wörterbuch der Idiome. 2013.

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