Pfeffer

Pfeffer
Zum erstenmal wird der Pfeffer in Europa, und zwar als Heilmittel, bei Hippokrates (›Morb. Mulier‹ 1,81) erwähnt, und sogar noch in moderner Zeit wird er als Mittel der Volksmedizin gebraucht (vgl. Handbuch des Aberglaubens VI, Spalte 1570), wie auch einige Sprichwörter zeigen, z.B. ›Der Pfeffer hilft dem Mann aufs Roß, dem Weib ins Grab‹ (schwäbisch); ›peper helpt de mannen te paard, en de vrouwen onder de aarde‹ (niederländisch). Im Mittelalter war Pfeffer dann das Hauptgewürz, so daß die Gewürze allgemein Pfeffer und die Gewürzhändler ›piperarii‹ genannt wurden. Von hier aus erklärt sich der Schimpfname ›Pfeffersack‹ für den Kaufmann (insbesondere für den holländischen Kaufmann oder überhaupt für den Holländer, aber auch für den Nürnberger Kaufmann) sowie der dänische Spitzname ›Pebersvend‹, der seit dem 16. Jahrhundert die allgemeine Bedeutung ›Junggeselle‹ bekommen hat.
   Schon früh kommt der Pfeffer in sprichwörtlichen Redensarten vor. Das älteste Beispiel dafür bietet Petronius 44 (›Safinius‹): »piper non homo. Is quacumque ibat, terram adurebat. sed rectus, sed certus, amicus amico ... nec Schemas loquebatur sed directum«. Im Alexanderroman (hg. von F. Pfister, Heidelberg 1913,1,41) fragt Darius seine Gesandten, was Alexander mit den ihm zugeschickten Mohnkörnern getan habe, und sie erzählen: »apprehendit et memordit et despiciendo dixit: ›multi sunt, sed molles‹. Accepto itaque Dario piper mittens in os suum mandens atque dixit cum lacrimis: ›pauci sunt, sed duriores‹.« Im Deutschen wird genau derselbe Gedanke durch das sprichwörtliche ›Ein Pfefferkorn überbeißt hundert Mohnkörner‹ ausgedrückt. Ähnliche Bedeutung hat auch die von beißender Rede und Witz gebrauchte Verbindung Pfeffer und Salz (vgl. italienisch ›è tutto pepe e sale, tutta pepe e sale‹; dänisch ›peber og satt‹; niederländisch ›peper en zout‹; schwedisch ›peppar och satt‹). ›Pfeffer und Salz‹ (französisch ›poivre et sel‹) nennt man auch eine aus Schwarz und Weiß gemischte Farbe von Kleiderstoffen, einen grauen Schnauzer dementsprechend einen ›Pfeffer-und-Salz- Schnauzer‹.
   Nach der beißenden Wirkung des Pfeffers spricht man von ›Pfeffern‹ (›Hineinpfeffern‹, ›Draufpfeffern‹), heftig auf etwas einwirken, durch Schlagen, Schießen und ähnliches.
   Von der starken Wirkung des Gewürzes übertragen sind auch folgende Redensarten: Das ist starker Pfeffer: das ist ein starkes Stück, eine unverfrorene Rede; Einen gepfefferten Brief schreiben; vgl. französisch ›écrire une lettre salée‹ (einen gesalzenen Brief) Salz.
   Mit Pfeffer wird auch der Ärger des Menschen bildhaft bezeichnet, z.B. ›Mein Pfeffer ist so gut wie dein Safran‹, meine derbe Rede macht soviel Eindruck wie deine glatte; englisch ›grow pepper‹ spanisch ›comer pimienta‹, dänisch ›vaere (blive) saa ond som peber‹.
   Im Pfeffer sitzen: in Verlegenheit sein; in Den Pfeffer geraten: inUnannehmlichkeiten kommen (ähnlich ›in die Brühe‹, ›in die Patsche geraten‹, Patsche).
   Wegen seines kräftigen, beißenden Geschmackes und seines teuren Preises ist das winzige, schwarze Pfefferkorn ein Sinnbild dafür, daß man die Dinge nicht nach ihrem Aussehen beurteilen darf. Rückert sagt in ›Die Weisheit des Brahmanen‹:
   Das kleine Pfefferkorn sieh für gering nicht an.
   Versuch es nur und sieh, wie scharf es beißen kann.
Dieser Gedanke begegnet auch in den Sprichwörtern verschiedener Sprachen, z.B. ›Der Pfeffer ist schwarz, und doch will jeder davon haben‹; englisch ›though pepper be blek yt hath a gode smeck‹ (vom Jahre 1530); französisch ›le poivre est noir et si chacun en veut avoir‹.
   Andere Redensarten beziehen sich auf den hohen Wert und Preis dieses weither importierten Gewürzes. Schon Plinius (›Nat. hist.‹ 12,7,28) schreibt von den hohen Preisen des Pfeffers: »emitur ut aurum vel argentum«. Eine gepfefferte Rechnung ist eine besonders hohe Rechnung; vgl. spanisch ›tiene mucha pimienta‹; französisch ›cela est cher comme poivre‹, ›rendre bon poivre‹ = bezahlen; auch: ›une note salée‹ (eine gesalzene Rechnung); dänisch ›det koster peber‹. Viel Pfeffer zu haben ist ein sicheres Zeichen des Reichtums: lateinisch ›qui piperi abundat, oleribus miscet piper‹; italienisch ›chi ha molto pepe ne concisce anche gli erbaggi‹; englisch ›who has plenty of pepper, will pepper his cabbage‹; so auch Sebastian Franck in seinen Sprichwörtern vom Jahre 1565 (98): ›Wer Pfeffer genug hat, der pfeffert auch seinen Brei‹; im heutigen Sprichwort: ›Wo Geld genug ist, tut man den Pfeffer an die Suppe‹; niederländisch ›wie pepers te veel heeft, die pepert sijne boonen‹.
   Als Gegenstück des teueren Peffers wird in einigen deutschen Redensarten der Dreck genannt, z.B. bei Fischart: ›Was er scheißt, sieht man gleich für Pfeffer an‹. Besonders werden die Streber und Emporkömmlinge gegeißelt: Er will immer unter dem Pfeffer sein; ›er ist Pfeffer uff allen Suppe‹ (elsässich); ›der ist wütig, wenn der Dreck zu Pfeffer wird‹ (schwäbisch); ›Gott tröst, wenn Kohschiet Peper warb‹ (schleswig- holsteinisch); ›der Müsdreck möcht gern Pfeffer sin‹ (schweizerisch). In den germanischen Sprachen begegnet eine Redensart, die sich auf die Heimat des Pfeffers bezieht: Jemanden ins Pfefferland wünschen oder Jemanden hinschicken (hinwünsche), wo der Pfeffer wächst: weit fort. ›Ich wollte, er wäre, wo der Pfeffer wächst!‹; schweizerdeutsch ›ich wett du wärist, wo der Pfeffer wachst!‹; bzw. ›wenn d'nur im Pfefferland wärist!‹; niederländisch ›iemand naar het Peperland wenschen‹. Das ›Pefferland‹ ist aber nicht, wie viele Autoren behauptet haben, Guayana, die Heimat des Cayenne-Pfeffers, das ein für den Europäer mörderisches Klima hat und früher von der französischen Regierung als Verbannungsort verwendet wurde. Diese Erklärung ist sicher nicht richtig. Die Redensart kommt nämlich schon im Jahre 1512 in der ›Narrenbeschwörung‹ von Thomas Murner vor (Neudruck 77,64):
   Ach, werents an derselben statt,
   Do der pfeffer gewachsen hat!
Und im selben Werk (55,21):
   Ach gott wer der in pfefferband
   Der das spil zum ersten erfand.
Ungefähr gleichzeitig (1515) begegnet die Redensart in lateinischer Form in den ›Epistolae obscurorum virorum‹ (1,25,55): »utinam omnes poetae essent ubi piper crescit«. Tatsächlich wurde Guayana im Jahre 1500 von Spaniern entdeckt und erst 1581 von Holländern und 1604 von Franzosen kolonisiert. Es ist aber ausgeschlossen, daß sein gefährliches Klima schon in zwölf Jahren unter den Deutschen sprichwörtlich geworden wäre. Andererseits hat man von jeher gewußt, daß der Pfeffer in Indien wächst; so schon in dem ersten Beleg bei Hippokrates (s.o.). In Grimmelshausens ›Simplicissimus‹ (III, Kapitel 20, S. 282) heißt es: »Bis du mit deinen Beweistümern fertig bist, so bin ich vielleicht wo der Pfeffer wächst«.
   Von dem ägyptischen Kaufmann und Seefahrer Kosmas Indikopleustes (um 525) wurde zuerst von der Westküste Südindiens als von einem Land gesprochen, ›wo der Pfeffer wächst‹, eine Beschreibung, die ganz real gemeint ist. Indien als Heimat des Pfeffers wird auch von den Persern gemeint, wenn sie das sprichwörtliche ›+persischPfeffer nach Hindustan tragen-persisch‹, im selben Sinne anwenden, wie wenn Europäer sagen: ›Eulen nach Athen tragen‹ bzw. ›Coals to Newcastle‹. Daß die traditionelle Auffassung von der indischen Heimat des Pfeffers diese in das äußerste Ende der bekannten Welt verlegte, wird auch durch den Plan von Kolumbus, westwärts zu fahren, um in das gewürzreiche Indien zu kommen, bestätigt. Wenn man also eine unangenehme Person dahin wünscht, wo der Pfeffer wächst, will man sie nach dem entlegensten Ort in der Welt schicken (vgl.
französisch ›Je voudrais que cet homme fut aux antipodes‹, auch ›envoyer au Mississippi‹; englisch ›go to Jericho‹, ›to wish somebody at Jericho‹). Die Wendung kommt, auf Indien gemünzt, mittelalterlich auch ohne Pfeffer vor. In Ottokars österreichischer ›Reimchronik‹ heißt es V. 54 279ff. von einem Bischof, den die Salzburger nicht leiden mögen:
   Des wunschten im die Salzpurgaere
   Daz er bl priester Johan waere
   Datz sant Thomas in India Unde daz er waer aldâ
   Primas oder patriarch.
Da liegt der Hase im Pfeffer Hase.
   Jemandem Pfeffer in den Arsch blasen (oder streuen): ihn antreiben, ermuntern, streng behandeln. Die Redensart ist möglicherweise der Pferdehändlerpraxis entnommen: zum Verkauf vorgeführte Pferde werden vorübergehend feurig, wenn man ihnen Pfeffer in den After gibt; entsprechend Pfeffer im Arsch haben: ungeduldig stehen, temperamentvoll sein; abgewandelt: Jemandem Pfeffer unter das Hemd blasen: ihn antreiben. Pfeffer reiben: beim Radfahren wegen Kurzbeinigkeit auf dem Sattel hin- und herrutschen.
   Der hat seinen Pfeffer: dem hat es viel gekostet. Die Redensart aus Rottenburg (Schwaben) bezieht sich auf den Hochzeitsschmaus, der nach einem Einzelgericht als Pfeffer bezeichnet wurde. Den Sängern, die das Hochzeitspaar ehrten, wurde immer der ›Pfeffer‹, eine Speise aus Schweineblut und schwarzem Pfeffer, aufgetischt, wenn sie das ›Pfefferlied‹ vortrugen.
   Bereits Fischart erwähnte im 16. Jahrhundert in ›Aller Praktik Großmutter‹ (578) diese Speise:
   so kompt ihr gnug auf die hochzeit früe,
   Daß man euch schenk die pfeffer brüe.
›Des wird sein Pfeffer koschte!‹ Das wird teuer werden! Diese Pforzheimer Redensart hängt wohl auch mit dem Pfeffer als dem teuren Hochzeitsschmaus zusammen.
   Der Name des beliebten Gerichtes ›Pfeffer‹ (auch: Hasenpfeffer‹) gilt aber im Oberdeutschen gleichzeitig auch als scherzhaft makabre Bezeichnung für ein Kruzifix, dessen Korpus nur andeutungsweise aus Herz, Händen und Füßen des Gekreuzigten besteht. Die Redensarten Etwas auf die Pfefferwaage legen und ›Etwas auf die Goldwaage legen‹ sind gleichbedeutend: etwas sehr genau nehmen, prüfen, Goldwaage.
   Jemandem eine pfeffern: jemanden kräftig ohrfeigen.
• J. KUNZIG: »Der Pfeffer«, ein Hochzeitslied im Fränkischen, in: Oberdeutsche Zeitschrift für Volkskunde., I (1927),S. 20-23; P. AALTO: ›Wo der Pfeffer wächst‹, in: Neuphilologische Mitteilungen. Bulletin de la société néophilologique de Helsinki, 50 (1949), S. 13-23; H. KÜSTER: Wo der Pfeffer wächst. Ein Lexikon zur Kulturgeschichte der Gewürze (München 1987).

Das Wörterbuch der Idiome. 2013.

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