Montag

Montag
Blauen Montag machen: nicht arbeiten; am Montag die Arbeit ruhen lassen, ihn ebenso feiernd zubringen wie den Sonntag. Gekürzt: Blau machen, auch literarisch, z.B. bei G. Keller in ›Martin Salander‹, 6. Kapitel: »morgen mach' ich Blauen«; vgl. englisch ›to blue‹, ›tu keep St. Monday‹; niederländisch ›een blauwe Maandag houden‹; französisch ›faire le lundi‹, ›fêter saint lundi‹ (veraltet).
   Das Bestreben, die Arbeitszeit durch Einlegung eines ganz oder teilweise freien Tages zu kürzen, tritt schon früh hervor: Im späteren Mittelalter und zum Teil bis in die Neuzeit hinein hatten die Handwerksgesellen den Anspruch, am Montag oder wenigstens an bestimmten Montagen nicht für ihren Meister zu arbeiten, diesen Tag vielmehr für eigene Arbeit frei zu lassen; das hieß ›Montag halten‹. Der Tag wurde als ›guter Montag‹, seit der Mitte des 17. Jahrhunderts als ›blauer Montag‹ bezeichnet. Dieser war bei der oft langen Arbeitszeit nicht ganz ohne Berechtigung. Er sollte es den Gesellen ermöglichen, sich zu erholen oder ein Bad zu nehmen oder die Gesellenvereinigung zu halten. Freilich wurde dieser freie Montag von den Gesellen oft als Nachfeier des Sonntags aufgefaßt; schon im 14. Jahrhundert stoßen wir in den Handwerkssatzungen auf die Verbote des guten Montags.
Sie wurden vielfach dadurch wirksam zu machen versucht, daß dem Meister die Pflicht auferlegt wurde, dem feiernden Gesellen einen Teil des Lohnes, oft den ganzen Wochenlohn einzubehalten. Der Rat Krakaus bestimmt z.B. im Verhältnis der Schneider zu ihren Knechten am 18. November 1392: ›daz dy knechte keynen guten Montag süllen heben nach der aldin saczunge der Stat‹. Im 15. Jahrhundert scheint sich der gute Montag doch allgemein durchgesetzt zu haben. Wenigstens stoßen wir jetzt auf Bestimmungen, die den Gesellen im Prinzip den guten Montag zugestehen und nur die Zahl der Montage oder das Feiern auf einen halben Tag zu beschränken suchen. »Vortmer so hebben de knechte alle maendage vry. In den vryen maendagen mögen se maken to dem jahr veer armborste an erem egenen horne« heißt es in der ›Ordeninge der armborster‹, Hamburg 1458. An manchen Orten wurde der blaue Montag nicht regelmäßig erlaubt; nach der württembergischen Schreinerordnung (1593) höchstens alle vier oder fünf Wochen, in Frankfurt gibt es nach der Schuhknechtordnung (1589) einen halben Tag, und zwar nur in dem Fall, wenn kein Feiertag in die Woche fällt; in Nürnberg haben die Gesellen um 1550 in einer Woche ohne Feiertag erst nach der Vesperzeit frei. Der Obrigkeit war der blaue Montag von je ein Dorn im Auge. So häufig wie die den blauen Montag betreffenden Bestimmungen der Zunftsatzungen sind auch die Verordnungen der Obrigkeit gegen ihn, z.B. eine Nürnberger Ordnung von 1550 ›Ordnung und verpot welcher gestalt die guten Montag von den hantwerksgesellen alhie gehalten werden sollen‹. Auch Hans Sachs ist darum ein ausgesprochener Feind des guten Montags, in dessen Gefolge nach seiner Meinung Trunkenheit, Fraß und Spiel, Zorn, Hader und Schlägerei, endlich Faulheit, Armut und Krankheit einherschreiten. Wir verdanken H. Sachs zwei Gedichte (I, Nr. 124, S. 339, BandII, Nr.262, S. 218),in denen er ein schreckliches Ungeheuer als Personifikation des guten Montags auftreten läßt:
   Mir gueten montag, er da sprach,
   Volgt stecz ein poeser samstag nach ...
   Ich gueter montag mach doll köpff,
   Lere pewtel vnd volle kröpff ...
   Mach manche werckstat ler vnd öd,
   Hosen vnd rock schieter vnd plöd.
Vom Dichter heißt es zum Schluß des Traumes:
   Ich erwacht vnd dem traum nach son,
   Stund auf, fing zw arbeiten on,
   Mit zw entgen vil vngemachs
   Des gueten montags, spricht Hans Sachs.
150 Jahre später hat sich der Wortgebrauch vom ›blauen Montag‹ gegenüber dem älteren ›guten Montag‹ schon ganz durchgesetzt; Abraham a Sancta Clara schreibt: »Lorenz Blaurock, Handwerksgesell! Euer Handwerk trägt zwar ein sehr ehrliches Geld, gleichwohl gehet Euch nichts von der Hand. Der hl. Lorenz oder Laurentius, dessen Namen Ihr führt, ist auf dem Rost gebraten worden, hat dannenhero einen schweren Rosttag gehabt; Ihr macht aber aus dem Rosttag einen Rasttag und heisst nicht umsonst Blaurock, denn ihr liebet nichts mehr als die blaue Farb, sonderbar den blauen Montag; aus dem blauen Montag aber wird ein fauler Dienstag und darauf ein durstiger Mittwoch, aus diesem entsteht ein schläfriger Pfingsttag (Donnerstag), so geht's die ganze Wochen durch«; und später: »Der heil. Crispinus und Crispinianus seynd Schuster gewest. Ich bin nicht darwider, sagt der Meister Pechpatz, ich hab zwar die ganze Wochen einen blauen Montag gemacht, nun aber kommt mir die Arbeit auf Ein Mahl zusammen«. Im 18. Jahrhundert wurde diese alte örtliche Einrichtung von der Reichsgesetzgebung bekämpft. So schreibt J. Möser in den ›Patriotischen Phantasien‹ (1774f., Band 4, S. 35): »In andern Ländern, wo ... die blauen Montage eingezogen sind«,4, 47: »Wenn er gehört hätte, daß man solchen jungen Burschen ... sogar den Trost, sich alle vier Wochen einmal richtig ausdehnen zu können, oder den sogenannten blauen Montag abgeschnitten hätte«.
   Daß man gerade den Montag als Ruhetag gewählt hat, mag damit zusammenhängen, daß an den ›Mondtagen‹, besonders bei Neu- oder Vollmond, in alter Zeit Gerichts- und Dingversammlungen stattgefunden hatten. Vielfach dehnte man auch größere Feste, die auf Sonntage fielen, auf den Montag aus, was ja auch für die zweitägigen hohen Kirchenfeste (Ostern, Pfingsten und Weihnachten) gilt. Auch die ›Morgensprachen‹, d.h. die mit Gelagen und Schmäusen verbundenen regelmäßigen Zusammenkünfte der Innungen, hielt man am Montag ab. Was die Meister taten, ahmten die Gesellen nach. Vielfach galt auch, wie schon bei den Römern, der Montag als Unglückstag, an dem man lieber keine Arbeit begann. Die Bäckergilde Münster feiert noch alle 3 Jahre am ersten Montag im Juni ihren ›Guten Montag‹ als Schützenfest. Dieser Brauch wird als Zunftprivileg auch in Wien und in anderen Städten erwähnt. In Münster selbst wird er mit einer Sage von der Belagerung Wiens durch die Türken in Zusammenhang gebracht, die wahrscheinlich erst sekundär mit dem schon vorher urkundlich bezeugten Brauch verbunden wurde: 1683 soll ein Bäckergeselle aus Münster in einer Backstube von Wien nachts Geräusche gehört haben. Als er es der Wache meldete, entdeckte man, daß die Türken dabei waren, einen unterirdischen Gang in die Stadt zu graben. Seine Wachsamkeit rettete die Stadt. Zur Belohnung gestattete man der Zunft der Bäcker in Münster von da an die festliche Begehung dieses denkwürdigen Tages. Eine Urkunde darüber ist aber nicht erhalten.
   Problematisch ist vor allem die Frage, warum diese Montage ›blau‹ benannt wurden. Dafür sind im Laufe der Zeit die verschiedensten Deutungen und Erklärungen versucht worden, von denen keine völlig bewiesen ist. Blau, so hat man argumentiert, wurden diese Montage genannt, weil an dem Fastnachtsmontag, an dem ebenfalls die Arbeit ruhte und der auch ›Der unsinnig Montag‹, ›Fraßmontag‹, rheinisch ›Rosenmontag‹, d.h. eigentlich ›Rasender Montag‹ genannt wurde, die Altarbehänge in den Kirchen von blauer Farbe waren. Diese Erklärung findet sich z.B. in Haltaus' ›Calendarium medii aevi‹ (1729): »In Palatinatu Bavaria etc. hunc diem appellant den blauen Montag a colore violaceo, quo omnia in templo ornantur. Et hoc die ab operis vacant otioque ac laetitiae indulgent opifices cum famulis; unde forsan in genere dies otiosi atque geniales ab iis blaue Montäge nuncupantur«. Gegen diese Ableitung erheben sich aber Bedenken: Die blaue (eigentlich violette) Altarverkleidung, ein Symbol der Buße und des Fastens, beginnt mit dem Sonntag Septuagesimae als dem Anfang der siebzigtägigen Fastenzeit der älteren Kirche und dauert bis Ostern; es ist also nicht einzusehen, warum gerade der Fastnachtsmontag darnach benannt sein soll. Wenn also die Bezeichnung tatsächlich vorkommt – ein sicherer Beleg ist dafür nicht bekannt –, so ist immer noch die Frage, ob sie nicht erst sekundär auf diesen Bummelmontag übertragen wurde.
   Eine ganze andere Erklärung bringt Kluge-Götze: Solange mit Waid blau gefärbt wurde, mußte die Wolle, nachdem sie zwölf Stunden im Färbebad gelegen hatte, ebensolange an der Luft oxydieren. Sonntags ließ man sie im Bad, worauf sie den ganzen Montag an der Luft liegen mußte. Die Gesellen konnten müßig gehen, wenn in solcher Weise ›blau gemacht‹ wurde.
   Andere Erklärungen gehen von sprachlichen Erwägungen aus. Man hat z.B. an eine Übertragung aus dem englischen ›playmonday‹, d.h. Spiel-Montag, gedacht. Auch eine volksetymologische Umbildung aus dem englischen ›plough-Monday‹, dem Montag nach Epiphanias, an dem die jungen Burschen mit einem Pflug umherzogen und unverheiratete Mädchen davorspannten, hat man erwogen. Natürlich liegt die Analogie zu Benennungen wie ›Grüner Donnerstag‹, ›Weißer Sonntag‹ u.a. nahe. Auch eine Entstellung aus ›Palm-Montag‹ hat man für möglich erachtet. Wer vom Sonntag her noch ›blau‹ ist, kann auch am Montag nicht viel leisten. Trotz dieser plausiblen Erklärung ist es unwahrscheinlich, daß der blaue Montag von ›blau sein‹ = betrunken sein herzuleiten ist ( blau).
   Eine andere Theorie meint, der blaue Montag habe seinen Namen von der Tollheit und Ungebundenheit der Handwerksburschen an den Montagen, die häufig damit endeten, daß manche verbleut wurden und mit blauen Striemen und Flecken am Kopf und Körper nach Hause kamen. In Nürnberg seien die Drohworte: ›Wart, ich will Dir an Blöbling (Bläuling) stechen, wennst noch a Wurt redst‹, d.h. ich will Dir die Augen blauschlagen, üblich gewesen. – Nicht zutreffend dürfte auch die Erklärung sein, daß die Kleidung der Genossenschaften, die sich im späteren Mittelalter unter den Handwerksgesellen bildeten, blau gefärbt gewesen sei. Doch liegt ein anderer Bezug zu Kleidersitten näher und ist wahrscheinlicher: Nach der Kleiderordnung des Mittelalters war für jeden Stand auch die Farbe des Kleiderstoffes festgelegt. Die für Bauern und Handwerker zuständige Kleiderfarbe war grau, daneben auch braun; es sind die ›geringen Farben‹. Daneben stand für den Sonn- und Feiertag die blaue Farbe. Eine ganz eindeutige Äußerung haben wir aus der Zeit um 1290 von dem oesterreichischen Dichter Helbling (II, 72), der schon damals die später oft erhobene Klage anstimmt, daß die Bauern sich nicht in ihren Grenzen halten:
   Dô man dem lant sin reht maz,
   man urloubt im hûsloden grâ
   und des virtages Blâ
   von einem guoeten stampfhart.
   dehein varve mêr erloubt wart
   im noch sînem wibe.
Wenn die Handwerker am Montag nicht arbeiteten und statt dessen den blauen Feiertagsrock anzogen, konnten sie vom blauen Montag sprechen. Er steht damit also als Gegensatz zum ›grauen Alltag‹.
   Eine ganz andere Erklärung für das Wort ›blau‹ bietet sich aus dem jiddischen ›belo‹ im Sinne von ›ohne‹ an, das sich in rotwelsch ›blau‹ (sehr schlecht, böse, gar nicht, überhaupt nicht) veränderte. So wäre der ›blaue Montag‹ als Tag zu erklären, an welchem die Handwerker nicht arbeiten, also als unnütz und vergeblich (S.A. Wolf: Wörterbuch des Rotwelschen, S. 55, Nr. 524). Auch S. Landmann schreibt (S. 87): »Und wer gibt sich Rechenschaft, daß ein ›blauer Montag‹ oder ›blau sein‹ rein nichts mit der blauen Farbe zu tun haben, sondern mit einer hebräischen Negation, nämlich ›b'lo‹ oder ›b'law‹.«
   Die oft schlechte handwerkliche Arbeit an Montagen prägte das Sprichwort ›Montag(sarbeit) wird nicht wochenalt‹. Besitzt ein neues Auto erhebliche Mängel, die nach und nach in Erscheinung treten, so sagt man: Ich habe mir einen Montagswagen gekauft
und meint damit, das Auto sei an einem Montag gefertigt worden, d.h. ohne große Sorgfalt.
• JEITTELES: Blauer Montag, in: Germania 26 (1881), S. 506-507; ANONYM: Blauwe Maandag, in: Volkskunde 1 (1888), S. 59; E. MUMMENHOFF: Der Handwerker in der deutschen Vergangenheit (Leipzig 1901), S. 70f.; 125; E. BEREND: Der blaue Montag, in: Bayerische Hefte für Volkskunde 2 (1915), S. 180f.; H.F. SINGER: Der blaue Montag (1917); KOEHNE: Studien zur Geschichte des Blauen Montags, in: Zeitschrift für Sozialwissenschaften 11 (1920); Handbuch des AberglaubensVI, Spalte 554-565; R. WISSELL: Des alten Handwerks Recht und Gewohnheit, Band I (Berlin 1929), S. 378-390; R. FONCKE: Folklore van de Maanday, in: Volkskunde. Nieuwe Reeks, Jg. 3; O. LAUFFER: Farbensymbolik im deutschen Volksbrauch (Hamburg 1948), besonders S. 20ff.; F.C. TUBACH: Notes on the expression ›Blauer Montag‹, in: MLN 74 (1959), S. 329-333; S. LANDMANN: Jiddisch, Abenteuer einer Sprache (München 1964); R. BROCKPÄHLER: Der ›Gute Montag‹ der Bäckergilde Münster – Sage und historische Wirklichkeit, in: Rheinisch-westfälische Zeitschrift für Volkskunde. 16. Jg. (1969), H. 1-4, S. 123-163.

Das Wörterbuch der Idiome. 2013.

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