lachen

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Bereits um 1180 ist in Deutschland die Wendung vom Sardonischen Lachen (französisch ›Rire sardonique‹) bekannt. Als ›risus Sardonius‹ wird es schon bei Cicero genannt, der es wohl von den Griechen übernahm, denn bei Homer heißt es in der ›Odyssee‹ (20, 301): »Er lächelt so recht höhnisch« (»meidhse de tymo / sardanion mala toion«). Das homerische Wort sardanios stammt von sairein = fletschen, grinsen und hat mit Sardinien nichts zu tun, denn Homer kannte diese Insel nicht. Die irrtümliche Zurückführung des ›Sardonischen Lachens‹ auf die Stelle in Homers ›Odyssee‹ verdanken wir einer Verwechslung des kleinasiatischen Schriftstellers Pausanias (um 175 n. Chr.), der in seiner ›Perihg‹ (= Reisebeschreibung) X,17 meint, auf der Insel Sardo wachse ein Kraut, nach dessen Genuß man unter Lachen sterbe. In der Tat gibt es auf Sardinien eine Giftpflanze (herba Sardonia), deren Genuß schnelle und zahlreiche krampfartige Zuckungen im Gesicht hervorruft. Nach dieser Wirkung dürfte das als herzlos und hämisch verstandene Lachen benannt sein. Schon Sallust hat im 2. Buch seiner ›Historiae‹ die Wirkung dieses Krautes geschildert.
   In der Medizin ist Sardonisches Lachen eine von den Kau-und Gesichtsmuskeln ausgehende Starre des Gesichts (risus sardonicus), wodurch dies den Ausdruck eines beginnenden Lächelns annimmt. Sardonisches Lachen ist ein typisches Zeichen bei Starrkrampf.
   In der Literatur ist vor allem das unbegründete Lachen mehrfach bezeugt: »Er kitzt sich und lacht, wenn er will«, so heißt es 1494 in Sebastian Brants ›Narrenschiff‹ ironisch für jemanden, der grundlos lacht, wohl auch nichts zu lachen hat und sich selber zum Lachen kitzeln muß. In Egenolfs ›Sprichwörter, schöne, weise Klugreden, darinnen Teutscher und anderer Sprachen Höfflichkeit, Zier etc. begriffen ...‹ von 1560 wird festgestellt: »Wer sich-selber kitzelt, der lacht, wenn er will«. Bei Luther findet sich 1530 in seiner Sprichwörter-Sammlung dieselbe Wendung: »Kützel dich nicht selbst, sonst lachst du dich zu tod«.
   Jünger sind die Redensarten: Sich vor Lachen biegen (krümmen): heftig lachen und den ganzen Körper dabei bewegen, und Sich krank lachen: besonders ausgiebig lachen, mit Lachen nicht mehr aufhören können; vgl. französisch ›en être malade de rire‹ oder ›en mourir de rire‹ (sich tot lachen). Bei Johann Fischart gibt es hingegen 1575 in der ›Geschichtklitterung‹ den »Philosophen, der sich gesund lacht«. Dazu das Sprichwort: Lachen ist gesund; vgl. französisch ›Le rire est bon pour la santé‹ (auch Lachen ist die beste Medizin), was zurückgeht auf die Wendung Lachen ist der Leber gesund. Die Leber wurde in früheren Zeiten als der Sitz der Gefühle und Stimmungen angesehen. 1526 ist bei Luther bereits der Ausdruck Das Lachen verbeißen greifbar (Weimarer Ausgabe 20,128).
   Der Ausdruck Die lachenden Erben geht wohl als eine Lehnübersetzung und Verkürzung auf Publius Syrus (1. Jahrhundert v. Chr.) zurück: »heredis fletus sub persona risus est« = das Weinen des Erben unter der Maske des Lachens. Ähnlich, aber jünger ist die Wendung Der lachende Dritte, der als der stille Gewinner der Auseinandersetzung zweier anderer hervorgeht. Vom Lachenden Kauf spricht Joh. Mathesius in ›Sarepta‹ 1587: »Par Geld ist lachender Kauf«, d.h. wenn man bares Geld hat und bar zahlen kann, kauft man gern und günstig. Die Wendung Ein homerisches Gelächter ist eine Lehnübersetzung des 18. Jahrhunderts aus dem französischen ›rire homérique‹, vorher ›rire inextinguible‹ (siehe ›Mémoire de la Baronne d'Oberkirch‹, etwa um 1785: »on partit d'un éclat de rire homérique«). Der Ausdruck geht auf Homers ›Odyssee‹ (20, 346) zurück, wo von unauslöschlichem Gelächter geredet wird.
   Jung sind vermutlich folgende Wendungen: Nichts zu Iachen haben; vgl. französisch ›ne pas avoir de quoi rire‹; Das Lachen wird dir (schon noch) verge-
hen (um 1900); Da lachen ja die Hühner (ganz modern: die ältesten Suppenhühner), was soviel heißt wie: dies ist unzumutbar und höchst lächerlich; meist verächtlich gebraucht. Daß solche Ausdrücke jedoch ziemlich zeitlos sind, beweist ein Beleg aus Abraham a Sancta Claras ›Narren-Nest‹ (I,97): »Da müßte wohl eine Kuh lachen«. Die Absurdität soll hier wohl mit einem absurden Bild ausgedrückt werden. Das wäre ja gelacht (seit 1930) im Sinne von: das wollen wir doch einmal sehen; das wäre ja noch schöner. In Manfred Hausmanns ›Lilofee‹ (1958) findet sich die Wendung »Man könnte direkt seinen Hintern verlieren vor Lachen«. Das kostet mich nur ein (müdes) Lächeln: das (Argument) ist lächerlich, zu billig, als daß ich es ernst nehmen könnte. Sich ins Fäustchen lachen Faust. Sich einen Ast lachen Ast. Ähnlich: Sich schütteln vor Lachen und Platzen vor Lachen. Diese Redensarten kennzeichnen das Lachen als einen Vorgang der Erschütterung. Das wird noch verstärkt in Ausdruck wie ›Lachkrampf‹ oder ›Lachsalve‹ und – in abgeschwächter Form – wie ›Lachtaube‹ als Bezeichnung für eine Frau, die viel lacht.
   Von einem Kind sagt man: ›Es hat Lachen und Heulen in einem Säckel‹, d.h. es vergißt seinen Kummer sehr schnell.
   ›Kitzel mich, daß ich lachen muß‹ (mundartlich: ›kitzel mi, dass e lache muss!‹): ich kann über diesen
(schlechten) Witz wirklich nicht lachen. Ähnlich auch die trockene Bemerkung auf einen dummen Scherz: ›Selten so gelacht!‹
• B. KARLE: Artikel ›Lachen‹, in: Handbuch des Aberglaubens V, Spalte 868-884; H. BERGSON: Le Rire (Genf 1945, deutsche Übersetzung Meisenheim 1948); H. PLESSNER: Lachen und Weinen (Bern 3. Auflage 1961); M. GROTJAHN: Vom Sinn des Lachens (München 1974); H. WEINRICH: Was heißt: ›Lachen ist gesund?‹, in: W. PREISENDANZ und R. WARNING (Hrsg) Das Komische (München 1976), S. 402-408. R. JURZIK: ›Der Stoff des Lachens‹, in: Studien über Komik (Frankfurt/Main / New York 1985).

Das Wörterbuch der Idiome. 2013.

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